Benzylpenicillin-Benzathin

Wirkstoff
Benzylpenicillin-Benzathin
Handelsname
Retarpen®
ATC-Code
J01CE08

Benzylpenicillin-Benzathin

Dosierungen
Nierenfunktionsstörungen

Darreichungsformen und Hilfsstoffe
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Pharmakodynamik und -kinetik

Zulassung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Benzylpenicillin (Penicillin G) ist ein halbsynthetisches, nicht Betalactamase-festes Betalactam-Antibiotikum. Der Wirkungsmechanismus von Benzylpenicillin beruht auf einer Hemmung der bakteriellen Zellwandsynthese (in der Wachstumsphase) durch Blockade der Penicillin-Transpeptidasen. Hieraus resultiert eine bakterizide Wirkung. Als Benzathin Salz ist es schlecht wasserlöslich und führt über eine langsame Hydrolyse und Freisetzung des Wirkstoffs zu einem Depoteffekt.

Üblicherweise empfindliche Spezies: Streptococcus agalactiae, Streptococcus pneumoniae, Streptococcus pyogenes, Streptococcus dysgalactiae subsp. equisimilis (Streptokokken der Gruppen C & G), Streptokokken der „Viridans“-Gruppe, Treponema pallidum

Pharmakokinetik bei Kindern

Keine Information

Zulassung der Dosierungsempfehlungen in Kindermedika.at

  • Gruppe-A-β-hämolysierende Streptokokken (GABHS)-Infektion, Pneumonie durch Streptococcus pneumoniae
    • Intramuskulär
      • On-label
        • ≥ 20 bis < 30 kg: >600.000 IE/Dosis: Off-label
      • Pneumonie: Off-label
  • Prophylaxe GABHS-Infektion
    • Intramuskulär 
      • On-label
        • ≥ 20 bis < 30 kg: >600.000 IE/Dosis: Off-label
  • Syphilis ohne neurologische Beteiligung (kongenital; Frühsyphilis (primär und sekundär); frühes oder spätes Latenzstadium; Syphilis unbekannter Dauer)
    • Intramuskulär
      • On-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Intramuskulär, zur Behandlung und Prophylaxe bei Erwachsenen, Jugendlichen, Kindern und Neugeborenen folgender Infektionen, die durch Erreger hervorgerufen werden, die empfindlich auf Penicilline sind:
Zur Behandlung von: Erysipel, Syphilis: Frühsyphilis (primär und sekundär), latente Syphilis (Ausnahme: Neurosyphilis und Vorliegen pathologischer Liquorbefunde), Frambösie, Pinta
Zur Prophylaxe gegen: rheumatisches Fieber (Chorea, rheumatische Karditis), Poststreptokokken-Glomerulonephritis, Erysipel

Allgemeine Therapie:
Erwachsene und Jugendliche: 1 x wöchentlich 1,2 Mio. I.E.
Kinder > 30 kg Körpergewicht: 1 x wöchentlich 1,2 Mio. I.E.
Kinder < 30 kg Körpergewicht: 1 x wöchentlich 600.000 I.E.
Dauer der Behandlung: einmalige Dosis

Therapie der Syphilis: Primär- und Sekundärstadium
Erwachsene und Jugendliche: 1 x 2,4 Mio. I.E.
Kinder: 50.000 I.E./kg Körpergewicht, jedoch nicht mehr als 2,4 Mio. I.E.
(Bei Wiederauftritt klinischer Symptome oder stark positiv bleibender Laborwerte ist die
Behandlung zu wiederholen.)
Dauer der Behandlung: einmalige Dosis
Spätsyphilis (Lues latens seropositiva)
Erwachsene und Jugendliche: 1 x wöchentlich 2,4 Mio. I.E.
Kinder: 50.000 I.E./kg Körpergewicht, jedoch nicht mehr als 2,4 Mio. I.E.
Dauer der Behandlung: 3 Wochen
Therapie der Syphilis congenita: ohne neurologische Beteiligung
Neugeboren und Säuglinge: 1 x 50.000 I.E./kg Körpergewicht
Dauer der Behandlung: einmalige Dosis

Prophylaxe von rheumatischem Fieber, Poststreptokokken-Glomerulonephritis und Erysipel:
Erwachsene und Jugendliche: 1 x 1,2 Mio. I.E. alle 3-4 Wochen
Kinder > 30 kg Körpergewicht: 1 x 1,2 Mio. I.E. alle 3-4 Wochen
Kinder < 30 kg Körpergewicht: 1 x 600.000 I.E. alle 3-4 Wochen

(SmPC Retarpen)

Die aktuellen Fachinformationen können unter https://aspregister.basg.gv.at/ abgerufen werden.

Präparate im Handel

Pulver und Lösungsmittel (5 ml) zur Herstellung einer Injektionssuspension 600.000 IE/Dstfl., 1,2 Mio IE/Dstfl., 2,4 Mio IE/Dstfl.
Kombiniert mit Lidocain: Pulver und Lösungsmittel (5 ml) zur Herstellung einer Injektionssuspension 1,2 Mio IE/Dstfl.; das Lösungsmittel enthält 25 mg Lidocainhydrochlorid-Monohydrat

Die zugelassenen Arzneispezialitäten sind in Österreich nicht verfügbar. Alternative Produkte können importiert werden. Achtung: Einzelne Arzneispezialitäten können Lidocain im Lösungsmittel enthalten.

Anwendungshinweis:

Zur intramuskulären Injektion.

Für Kinder potentiell problematische Hilfsstoffe:

Die Injektionssuspensionen enthalten Phospholipiden aus der Sojabohne und -  je nach Hersteller - Polysorbat 80.

Detaillierte Informationen zu einzelnen Präparaten entnehmen Sie bitte den Fachinformationen.

Weitere praktische Informationen/ Verfügbarkeit

Meldungen zu Vertriebseinschränkungen von Arzneispezialitäten in Österreich (BASG)

Dosierungen

Gruppe-A-β-hämolysierende Streptokokken (GABHS)-Infektion, Pneumonie durch Streptococcus pneumoniae
Prophylaxe GABHS-Infektion
Syphilis ohne neurologische Beteiligung (kongenital; Frühsyphilis (primär und sekundär); frühes oder spätes Latenzstadium; Syphilis unbekannter Dauer)
  • Intramuskulär
    • 0 Jahre bis 18 Jahre
      [2] [9] [12]
      • 50.000 IE/kg/Dosis einmalig (kongenital, primäres oder sekundäres Stadium, frühes Latenzstadium) oder 1 x wöchentlich für 3 Wochen (spätes Latenzstadium oder Latenz unbekannter Dauer). Max: 2.400.000 IE/Dosis.
      • Behandlung nach Rücksprache mit fachärztlichem Personal mit Schwerpunkt Infektiologie.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:

GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Keine Anpassung erforderlich
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
Keine Anpassung erforderlich
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
Es kann keine allgemeingültige Empfehlung gegeben werden. Die gewünschte Wirkung muss individuell gegen die Risiken von Nebenwirkungen bei Überdosierung und von Therapieversagen bei Unterdosierung abgewogen werden.
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Es kann keine allgemeingültige Empfehlung gegeben werden. Die gewünschte Wirkung muss individuell gegen die Risiken von Nebenwirkungen bei Überdosierung und von Therapieversagen bei Unterdosierung abgewogen werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Benzylpenicillin-Benzathin:

Häufig (1-10%): Candidose, Durchfall, Übelkeit, positiver direkter Coombs-Test, falsch-positive Eiweißbestimmung im Urin mittels Präzipitationsverfahren (Folin-Ciocalteu-Lowry-Methode, Biuret-Methode), falsch-positive Aminosäurebestimmung im Urin (Ninhydrin-Methode), Vortäuschung von Pseudobisalbuminämie bei elektrophoretischen Methoden zur Albumin-Bestimmung, falsch-positiver nicht-enzymatischer Harnzuckernachweis und Urobilinogennachweis, erhöhte Werte bei der Bestimmung von 17-Ketosteroiden im Urin (mittels der Zimmermann-Reaktion)

Gelegentlich (0,1-1%): Stomatitis und Glossitis, Erbrechen

Selten (0,1-0,01%): allergische Reaktionen: Urtikaria, angioneurotisches Ödem, Erythema multiforme, exfoliative Dermatitis, Fieber, Gelenksschmerzen, anaphylaktischer Schock mit Kollaps und anaphylaktoide Reaktionen (Asthma, Purpura, gastrointestinale Erscheinungen). Nephropathie, interstitielle Nephritis.

Sehr selten (< 0,01%): hämolytische Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie, Agranulozytose

Häufigkeit nicht bekannt: Serumkrankheit. Bei einer Syphilisbehandlung kann es durch Bakteriolyse zu einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion kommen, gekennzeichnet durch Fieber, Schüttelfrost,  Allgemein- und Herdsymptome. Bei Patienten mit Dermatomykosen können paraallergische Reaktionen auftreten, da zwischen Penicillinen und Stoffwechselprodukten von Dermatophyten eine Antigengemeinschaft bestehen kann. Pseudomembranöse Colitis. Hepatitis, Cholestase. Arzneimittelreaktion mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (DRESS), fixes Arzneimittelexanthem. Schmerzen an der Injektionsstelle, Infiltrate an der Injektionsstelle, Hoigné- und Nicolau-Syndrom.

(SmPC Retarpen®)

Lidocain:

Wegen des niedrigen Lidocaingehalts und der geringen Häufigkeit der Anwendung ist das Risiko dosisabhängiger systemischer Nebenwirkungen von Lidocain bei bestimmungsgemäßem Gebrauch dieses Arzneimittels niedrig. Dennoch sind die Patienten auch auf Nebenwirkungen von Lidocain zu überwachen. Die möglichen Nebenwirkungen sind im Wesentlichen diejenigen, die für andere Lokalanästhetika vom Säureamidtyp angegeben werden. Systemische Nebenwirkungen können z. B. nach versehentlicher intravenöser Injektion auftreten. Sie können in solchen Fällen sehr schwerwiegend sein, insbesondere im Hinblick auf kardiale und neurologische Funktionen.

Selten: Allergische Reaktionen

Nicht bekannt: Schwindelgefühl, Benommenheit, Krampfanfälle, periorale Parästhesie, Taubheit der Zunge, Schläfrigkeit. Bradykardie, Herzrhythmusstörungen, Myokarddepression, Herzstillstand. Leichter Blutdruckanstieg, Hypotonie, Kreislaufschock. Atemdepression. Übelkeit, Erbrechen. Ausschlag, Urtikaria, Ödem.

(SmPC Benzylpenicillin-Benzathin/Lidocain Infectopharm®)

Die vollständige Auflistung aller unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

Benzylpenicillin-Benzathin:

  • Überempfindlichkeit gegen andere Penicilline, Soja oder Erdnuss in der Anamnese
  • Schwere plötzlich auftretende Überempfindlichkeitsreaktionen (z.B. Anaphylaxie) auf andere Betalaktam-Antibiotika (z.B. Cephalosporin, Carbapenem oder Monobactam) in der Vorgeschichte

Lidocain:

  • Überempfindlichkeit gegen Lokalanästhetika vom Amidtyp
  • Neugeborene mit kongenitaler Syphilis
  • Patienten mit komplettem Herzblock

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Ausschließlich tief intramuskulär und langsam verabreichen (nicht i.v.!), vorzugsweise in den M. gluteus; bei Kindern unter 2 Jahren vorzugsweise mittlateral in den Oberschenkel.

Schmerzen bei der Injektion können durch optimale Nadelgröße (22-gauge), die Erhöhung des Volumens von 2,5 auf 3,5 ml mit dem üblichen Lösungsmittel (Wasser für Injektionszwecke) sowie durch Abwarten, bis der zur Hautdesinfektion verwendete Alkohol verdunstet ist, gelindert werden. Große Volumina (4 ml) verursachen ebenfalls Probleme.

In der Studie von Amir (1998) wird Benzylpenicillin-Benzathin in einer 1% Lidocain-Lösung verabreicht, um die Schmerzen zu lindern.

 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Allgemeine Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen entnehmen Sie bitte den aktuellen Fachinformationen (https://aspregister.basg.gv.at/).

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

BETALACTAM-ANTIBIOTIKA, PENICILLINE

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Penicilline mit erweitertem Wirkungsspektrum

Amoxicillin

Ospamox®, Amoxilan®, Amoxistad®
J01CA04

Ampicillin

Standacillin®
J01CA01

Pivmecillinam

Selexid®
J01CA08
Beta-Lactamase-sensitive Penicilline

Benzylpenicillin

Penicillin G
J01CE01

Penicillin V (Phenoxymethylpenicillin)

Ospen®, Penbene®, Penstad V®
J01CE02, J01CE10
Beta-Lactamase-resistente Penicilline

Flucloxacillin

Floxapen®
J01CF05
Kombinationen von Penicillinen, inkl. Beta-Lactamase-Inhibitoren

Amoxicillin + Clavulansäure

Augmentin®, Clavamox®, Curam®, Xiclav®, Amoxiplus®, Amoxicomp®, Amoxistad®
J01CR02
J01CR21

Piperacillin + Tazobactam

diverse Generika
J01CR05

Sultamicillin

Unasyn®
J01CR04

Referenzen

  1. Aksit S, et al, Seasonal benzathine penicillin G prophylaxis for recurrent streptococcal pharyngitis in children, Acta Paediatr Jpn, 1998, Jun;40(3), 256-8
  2. Sandoz B.V., SmPC Benzathinebenzylpenicilline (RVG 118693-5) 09-06-2022, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  3. Franssen MJAM et al, Werkboek Kinderreumatologie [Arbeitsbuch Kinderrheumatologie], VU Uitgeverij, 2008, 2. Auflage
  4. Lue HC, et al, Long-term outcome of patients with rheumatic fever receiving benzathine penicillin G prophylaxis every three weeks versus every four weeks, J Pediatr, 1994, Nov;125(5 Pt 1), 812-6
  5. Ginsburg CM, et al, Serum penicillin concentrations after intramuscular administration of benzathine penicillin G in children, Pediatrics, 1982, Apr;69(4), 452-4
  6. Kassem AS, et al, Rheumatic fever prophylaxis using benzathine penicillin G (BPG): two- week versus four-week regimens: comparison of two brands of BPG, Pediatrics, 1996, Jun;97(6 Pt 2, 992-5
  7. Lagos R, et al, Benzathine penicillin G and miocamycin in the treatment of children with streptococcal pharyngitis: a controlled therapeutic trial] Penicilina G benzatina y miocamicina en el tratamiento de ninos con faringitis estreptococica: ensayo terapeutico cont, Rev Med Chil, 1993, Nov;121(11), 1274-9
  8. Camargos PA, et al, Benzathine penicillin for unilateral lobar or segmental infiltrates presumptively caused by Streptococcus pneumoniae in children 2-12 years old, J Trop Pediatr, 1997, Dec;43(6), 353-60
  9. Paryani SG, et al, Treatment of asymptomatic congenital syphilis: benzathine versus procaine penicillin G therapy., J Pediatr, 1994, Sep;125(3), 471-5.
  10. Amir J, et al, Lidocaine as a diluent for administration of benzathine penicillin G, Pediatr Infect Dis J, 1998, Oct;17(10), 890-3
  11. HJC de Vries et al, Richtlijn SOA voor de tweede lijn, Nederlandse Vereniging voor Dermatologie en Venereologie (NVDV). [STD-Leitlinie für Sekundärversorgung, Niederländische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie.], www.huidarts.info, 2012, 102
  12. RIVM - Landelijke Coördinatie Infectieziektebestrijding, Richtlijn Syfilis [Syphilis-Leitlinie ], www.lci.nl, Jan-2020
  13. Sandoz, SmPC Retarpen 600.000 IE, 1,2 Mio IE, 2,4 Mio IE Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionssuspension (16055, 13636, 13637), aufgerufen am 27.05.2022, https://aspregister.basg.gv.at/
  14. Infectopharm, SmPC Benzylpenicillin-Benzathin/Lidocain Infectopharm 1,2 Mio IE/25 mg Pulver und Lösung zur Herstellung einer Injektionssuspension, aufgerufen am 27.05.2022, https://aspregister.basg.gv.at/
  15. Sandoz, SmPC Retarpen 600.000 IE, 1,2 Mio IE, 2,4 Mio IE Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionssuspension (16055, 13636, 13637), aufgerufen am 27.05.2022, https://aspregister.basg.gv.at/

Änderungsverzeichnis

  • 16 November 2022 11:18: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung