Über das Projekt

Hintergrund
Nur ein kleiner Teil der für Kinder und Jugendlichen benötigten Arzneimittel ist speziell für diese Altersgruppe systematisch geprüft und durch die Arzneimittelbehörden zugelassen, weswegen viele Arzneimittel bei Kindern außerhalb der Zulassung (off-label) verordnet werden müssen. Daher fehlen Dosierungsangaben und Darreichungsformen, die an die altersabhängige Physiologie der Kinder angepasst sind, sowie weitere kinderspezifische therapierelevante Informationen. Diese Off-label-Anwendungen können einerseits das Risiko für Nebenwirkungen und Medikationsfehler erhöhen, sind andererseits aber häufig die einzige Möglichkeit, Kinder und Jugendliche mit einer adäquaten Therapie zu versorgen. Entscheidend für eine sachgerechte Off-label-Anwendung ist eine positive Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses basierend auf der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur. Häufig sind Dosierungsempfehlungen im Off-label-Bereich, sowie kindgerechte Arzneiformen nicht direkt zugänglich. Bei der Verordnung stellt sich die Herausforderung, relevante und verlässliche Informationen eigenständig zu recherchieren, zu beurteilen und an die individuellen Gegebenheiten anzupassen. Hinzu kommt, dass Empfehlungen häufig nur konsensbasiert sind und zwischen Kliniken und Regionen divergieren. Die Therapie- und Dosisfindung kann sich in diesen Fällen als komplex und zeitaufwändig gestalten.

Ziele
Ziel von Kindermedika.at ist, die Arzneimitteltherapie bei Kindern und Jugendlichen in Österreich zu verbessern. Kindermedika.at macht Informationen zur Arzneimitteltherapie, im Besonderen altersentsprechende Dosierungsempfehlungen, nach bestverfügbarer Evidenz und national und international abgestimmt, leicht verfügbar und kostenfrei für alle Nutzer zugänglich. Durch systematische Information soll die Wirksamkeit der Arzneimitteltherapie bei Kindern und Jugendlichen optimiert und das Risiko für unerwünschte Arzneimittelreaktionen und Medikationsfehler minimiert werden.

Förderung
Kindermedika.at ist ein Projekt der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Die Aufbauphase (2019-2021) wurde durch eine Förderung aus den "Gemeinsamen Gesundheitszielen aus dem Pharma-Rahmenvertrag" und Eigenmittel der ÖGKJ ermöglicht. Der öffentliche Launch von Kindermedika.at ist mit April 2021 erfolgt. Die Erhaltungsphase, in der die Inhalte aktuell gehalten und weiter ausgebaut werden sollen, wird vom Dachverband der Sozialversicherungsträger gefördert.

Internationale Kollaboration
Kindermedika.at baut auf den Inhalten des etablierten niederländischen Kinderformulariums (kinderformularium.nl) auf. Eine Lizenzvereinbarung mit dem Niederländischen Kompetenzzentrum für Pharmakotherapie bei Kindern (NKFK) ermöglicht Kindermedika.at die Nutzung der Datenbankstruktur und Software des kinderformularium.nl. Die Inhalte der Datenbank wurden an den österreichischen Bedarf bezüglich Verschreibepraxis und Verfügbarkeit von Medikamenten angepasst. Kindermedika.at kooperiert neben den Niederlanden auch mit Kinderformularien in Deutschland (kinderformularium.de) und Norwegen (Koble.info), die alle die gleiche Datenbankstruktur verwenden. Es besteht zwischen den Projektgruppen in diesen Ländern eine enge Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Aufarbeitung publizierter Erkenntnisse und Erfahrungen in der Anwendung von Medikamenten in der Kinder- und Jugendmedizin. Ziel der Zusammenarbeit ist, Erkenntnisgewinne durch Nutzen-Risiko-Analysen, die zu wissenschaftlich fundierten Dosierungsempfehlungen bei Kindern führen, gemeinschaftlich zu nutzen und diese international zu harmonisieren, um Kindern länderübergreifend die optimale Pharmakotherapie zu ermöglichen.

Methodik
Die internationale Datenbank enthält auf bester Evidenz basierende, transparente und aktuell gehaltene Informationen, die für jedes einzelne Arzneimittel in einer Monographie zusammengefasst sind. Der Kern der Datenbank sind Dosierungsempfehlungen für Früh-, Neugeborene, Kinder und Jugendliche. Weitere Inhalte sind kinderspezifische unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Warnhinweise und Kontraindikationen sowie Informationen zum Zulassungsstatus und in Österreich verfügbaren Darreichungsformen. Der Inhalt einer Arzneimittel-Monographie basiert auf einer systematischen Recherche und kritischer Beurteilung sämtlicher verfügbarer Information von Zulassungsdaten, Daten aus akademischen Studien, nationalen und internationalen Fachempfehlungen, klinischen Erfahrungsberichten und Expertenkonsensus. Die Bewertung der verfügbaren Evidenz ist in einem Risiko-Benefit-Analyse (RBA) Dokument dokumentiert, das die Studienparameter, beobachteten Effekte und die Schlussfolgerungen der Autoren zusammenfasst. Die Datenbank unterliegt einem ständigen Entwicklungsprozess und manche der vorliegenden Monographien sind noch nicht mit dem beschriebenen Evidenzstandard erstellt worden.

Die in der internationalen Datenbank verfügbaren Monographien werden für Österreich durch das Kindermedika.at-Team, bestehend aus erfahrenen Apothekerinnen und KinderärztInnen, auf den österreichischen Bedarf geprüft und um nationale Informationen erweitert, wie z.B. Zulassungsstatus, Verfügbarkeit von Darreichungsformen.  Die für Österreich zusammengestellten Monographien werden mit einem Expertengremium abgestimmt, das aus KinderärztInnen der verschiedenen Subspezialitäten (Arbeitsgruppen der ÖGKJ), Vertreterinnen von Krankenhausapotheken und einem Vertreter des BASG besteht.

Im Zuge der internationalen Zusammenarbeit werden vom Kindermedika.at-Team zunehmend auch Monographien neu erstellt bzw. in einem abgestimmten Prozess aktualisiert.